Regional, digital, überall – Das klingt wie die Aufhebung voll-
kommener Gegensätze. Geht das?
Schaller:
Unser Ansatz ist das Sowohl-als-auch. Regional bedeutet,
physisch durch Bankstellen und persönlich durch Menschen vor
Ort zu sein. Die digitalen Kanäle ermöglichen unseren Kunden, ihre
Bank immer und überall bei sich zu haben. Es geht also nicht um
die Aufhebung, sondern die Verbindung. Das wird die besondere
Prägung von Raiffeisen bleiben.
Wie weit ist die Digitalisierung bei Raiffeisen fortgeschritten?
Stelzer:
Wir haben im Zahlungsverkehr bereits vor rund zwanzig
Jahren begonnen, die Automatisierung voranzutreiben. Das macht
sich jetzt bezahlt, denn bei Raiffeisen werden schon heute 95
Prozent aller Zahlungen automatisiert abgewickelt. Im Electronic
Banking sind wir mit rund 255.000 Kunden steiermarkweit klarer
Marktführer. Auch unsere Raiffeisen-App mit 114.000 Nutzern liegt
ganz vorne. Aber der Erfolg von gestern ist natürlich kein Ruhekis-
sen, daher wurde 2016 sektorweit das Projekt „Digitale Regional-
bank“ gestartet. Wir gehen damit nicht den Weg der Revolution,
sondern der Evolution.
Was wird bei Raiffeisen in fünf Jahren anders sein?
Heinrich:
Wir werden bald ein flexibles und gestaltbares persönli-
ches Finanzportal für unsere Kunden haben, die Berater werden
über die verschiedenen Kanäle mit den Kunden kommunizieren und
unsere internen Abwicklungssysteme sind direkt an die Kunden-
systeme angebunden, wodurch sich auch Prozesse beschleunigen
lassen. Generell werden wir mehr Standardisierung erreichen und
dadurch effizienter sein. Auch die internen Arbeitsweisen entwickeln
sich weiter. So programmieren wir im Projekt Digitale Regionalbank
agil, um rasch reagieren zu können und laufend Neuerungen zu
ermöglichen. Dazu werden unsere IT-Systeme so strukturiert sein,
dass wir neue Programme oder externe Partner einfacher anbinden
können.
Könnte durch die Digitalisierung nicht die Beziehung zu den
Kunden leiden?
Stelzer:
Ganz im Gegenteil, denn unsere Berater werden im Zentrum
der Beziehung zum Kunden bleiben. Studien zeigen eindeutig, dass
die Bankkunden der Zukunft zwar viel stärker auf die digitalen Ser-
vices zurückgreifen, aber auch die persönliche Betreuung wollen.
Hinzu kommt, dass sich manche Banken derzeit aus verschiedenen
Gründen eher zurückziehen, Raiffeisen wird sich mit der persönli-
chen Beziehung in der Region als USP noch stärker abheben.
Derzeit entstehen viele neue Mitbewerber, die sich auf Teilbe-
reiche der Finanzbranche spezialisieren. Welches Erfolgsrezept
hat eine Universalbank wie Raiffeisen?
Schaller:
Der Begriff „universal“ gibt einen Teil der Antwort, denn
unsere Kunden bekommen ja im Gegensatz zu Fintechs alles
aus einer Hand: Im Electronic Banking etwa werden schon heute
Girokonten, Sparguthaben, Kreditkartenumsätze, Versicherungen,
Fonds und vieles mehr angezeigt. Ein wesentliches Asset ist das
seit vielen Jahren erarbeitete Kundenvertrauen, das gerade in
Hinblick auf den so wichtigen Datenschutz noch an Bedeutung
gewinnen wird. Zusammen mit unseren hohen Marktanteilen und
der regionalen Präsenz ergibt sich ein umfassendes Leistungsspek-
trum. Es gilt, die unterschiedlichen Bank- und Kundensysteme und
INTERVIEW
„DIE TECHNIK
IST FÜR DIE
MENSCHEN DA.“
Der Vorstand der RLB Steiermark, Martin Schaller,
Rainer Stelzer und Matthias Heinrich erläutert
das Leitmotiv „regional, digital, überall“ und die
Raiffeisen-Prägung der Digitalisierung.
RAIFFEISEN-LANDESBANK
STEIERMARK 2015
017
GESCHÄFTSBERICHT 2015